Entschleunigt | Heidschnuckenweg wandern

Etappe 9 - Entdeckung der Langsamkeit
Wenn aus einer Wanderung eine ganze Reise wird und man sich den gesamten Heidschnuckenweg mit seinen 223 Kilometern Länge vorgenommen hat, fragt der innere Schweinehund früher oder später nach Abkürzungen und Hilfsmitteln wie einem Fahrrad. Ist das überhaupt erlaubt?               

Wohl jede Situation im Leben lässt sich auf Fußball übertragen. Oder auf Wandern – mit seinen Aufs und Abs. Mal ist der Weg leicht, mal beschwerlich, weil einem Steine in den Weg gelegt werden. Oft sind Mitläufer ein Geschenk und manchmal auch nicht. Und es gibt diese Phasen, an denen alles mühsam erscheint und das Gefühl überwiegt, es schaffen zu müssen, statt etwas zu wollen. Beim Endlosgehen sehnt man sich nach einer Dusche, einem All-you-can-eat-Buffet oder zumindest einer Bank für eine Pause. Oder noch besser: einem Fortbewegungsmittel, das einen schneller ins Ziel befördert.
 

Fluss-Shippern

 
So würde der Start der an sich kurzen Etappe 9 zwischen Müden und Faßberg eigentlich direkt einladen, in ein Kanu zu steigen. Denn der führt nicht nur am 800 Meter langen Heidesee vorbei, sondern ist auch Teil des urigen Fluss-Wald-Erlebnispfades an der Örtze, in der man hervorragend paddeln kann. Dabei besagt ein chinesisches Sprichwort: „Wenn du es eilig hast, gehe langsam!“  Daran muss ich immer wieder denken auf meiner Wanderschaft, die sich – zugegeben – trotz aller Schönheit durchaus ziehen kann. Und doch entdecke ich im Schritttempo so viele Überraschungen wie etwa eine bunt bemalte Lesekiste mit Büchern oder beschriftete Steine, die einen Sinn haben und daran erinnern, dass gerade das bewusste Runterfahren ein unverzichtbares Gegenmittel zum schnelllebigen Alltag ist.
 

Nachdenken statt vorlaufen

 
Und somit entgehe ich der inneren Diskussion nach einem Fahrrad, weil ich dies nicht nur die selbstgesteckten Zielen entwertet, sondern auch meine lieb gewonnene Gehmediation, die mir hilft, all die belastenden Gedanken loszulassen und stattdessen beschwingt große und kleine Fragen zu stellen, auf die ich spätestens im Ziel bereichernde Antworten aus einem tiefen Quell der Weisheiten gefunden habe, die das Wandern in Ruhe so besonders und jede einzelne Etappe zu einem einmaligen Erlebnis machen, vor allem, wenn es so zauberhaft ist wie hier.
 
  • Der Fluss-Wald-Erlebnispfad ist ein Wanderweg im Örtzetal und ist mit zahlreichen Mitmachstationen und Informationstafeln ausgestattet. Er gehört zu den schönsten Wandergebieten der Lüneburger Heide mit seinen naturnahen Heidebächen, dem Heidesee und viel Wald und Grünland. 
  
  • Die Örtze generierte sich ursprünglich vor etwa 150.000 Jahren aus dem Schmelzwasser der letzten Eiszeit und verfügte einst über reichlich Lachse. Heute wird der Heidebach vor allem unter Kanuten für seinen größtenteils unbegradigten, kurvenreichen Verlauf geschätzt.
 
  • Radfahren am Heidschnuckenweg ist grundsätzlich nicht verboten, aber auch nicht überall erlaubt. Es gibt durchaus viele lohnenswerte Abschnitte, in denen auch Fahrradspuren ausgewiesen sind. Doch gerade in den gut besuchten Heideflächen, in denen die Wege nicht verlassen werden dürfen, kommen sich Besucher häufiger in die Quere, sodass es ratsam ist, auf eigens ausgelegte und gleiermaßen schöne Fahrradrouten auszuweichen.


Die Kolumne vom Heidschnuckenweg - Randnotizen von Deutschlands schönsten Wanderweg

Sofies Schnucken-Post erscheint alle 14 Tage als Kolumne über den Heidschnuckenweg zwischen Hamburg und Celle, der zum schönsten Wanderweg Deutschlands gekürt wurde. Der 223 Kilometer lange Fernwanderweg durch die Lüneburger Heide erstreckt sich über 13 Etappen und ist zusätzlich mit 12 als „Heideschleifen“ bezeichneten Rundwanderwegen gespickt. 


Folgen-Übersicht:

Schnucken-Post #01: Moin vom Heidschnuckenweg
Schnucken-Post #02: Frühlingserwachen
Schnucken-Post #03: Endlich einsam
Schnucken-Post #04: Zauberhaft
Schnucken-Post #05: Unvergesslich
Schnucken-Post #06: Abenteuerlustig
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hnucken-Post #07: Kosmopolitisch 
Schnucken-Post #08: Heilsam
Schnucken-Post #09: Hundefreundlich
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hnucken-Post #10: Durchgestartet