Jetzt online buchen!


Geschichte: Ein Halleluja für die Klosterfrauen

Zu Besuch im Kloster Wienhausen

Wienhausen
©Martin Jehnichen
Die Klosterfrauen im Kloster Wienhausen
©Martin Jehnichen
Kloster Wienhausen
©Martin Jehnichen
Beate Ruhe im Kloster Wienhausen
©Martin Jehnichen
Brigitte Bockmann im Kloster Wienhausen
©Martin Jehnichen
Helene Behrens im Kloster Wienhausen
©Martin Jehnichen
Borghild Linder im Kloster Wienhausen
©Martin Jehnichen
Äbtissin Renate von Randow
©Martin Jehnichen
Kloster Wienhausen

Das Kloster Wienhausen, einst Hauskloster der Welfen, ist weltberühmt. Seine Schönheit und Kunstschätze ziehen Tausende Besucher an.

Für die Klosterfrauen, die hier leben, lautet der Auftrag:

Das Erbe bewahren, die christliche Botschaft vermitteln und die Schätze des Klosters der Öffentlichkeit zugänglich machen.

Sie haben viel zu tun. Und tun es mit Freude. Beate Ruhe, Helene Behrens, Brigitte Brockmann und Borghild Lindner haben etwas gemeinsam. Sie sind alleinstehend und gläubig. Sie beziehen eine Rente und haben neue Herausforderungen gesucht. Diese Voraussetzungen haben ihnen ein Leben zwischen uralten Mauern ermöglicht. Sie sind vier von insgesamt zehn Konventualinnen im Kloster Wienhausen. Was hat sie hierher getrieben?

 
Ein Leben in Stille und Zurückgezogenheit, in einem wunderbaren Ambiente

Beate Ruhe steht im Klostergarten und guckt etwas missmutig in die regenschweren Wolken. Sie ist jetzt 80. Vor zehn Jahren hatte sie sich vom Kloster für ein paar Urlaubstage abgemeldet. Sie flog nach Afrika, ist dort eine Woche auf einem Kamel durch die Ost-Sahara geritten und Gott dabei noch ein Stück näher gerückt. „Dieser Sternenhimmel da und der Schaukelgang der Kamele ... Das war unglaublich, das war Meditation pur.“ Sie bückt sich, hebt einen Ast auf, der zwischen den Rosensträuchern liegt, kappt ein paar Zweige am Buchsbaum.

 

Bis zu ihrem 63. Lebensjahr war Beate Ruhe in einem Anwaltsbüro in Bremen tätig. Damals schon zog sie sich in ihren Urlauben oft zum Meditieren oder Fasten in Klöster zurück. „Ich hatte immer das Gefühl, dass das etwas für mich sein könnte. Andererseits dachte ich: Kloster – das ist streng und katholisch.“ Dann erfuhr sie von den Heideklöstern, in denen es evangelische Konvente gab und bewarb sich sofort um einen Platz in Wienhausen.

„Ich kam, sah und wusste: Das ist es!“

Sie kündigte ihren Job, sagte ihren vier erwachsenen Kindern ade, packte ihre Sachen und ihre beiden Katzen in den Korb und reiste an.

 

Nach einem Jahr Wissenserweiterung in Geschichte, Kunstgeschichte und Religion, wurde Beate Ruhe in den Konvent aufgenommen. Wie ihre Mitschwestern macht sie Führungen durch das Kloster und ist darüber hinaus für die Pflege des Klostergartens zuständig. „Ich habe Stille, Zurückgezogenheit und Aufgaben gesucht und in diesem wunderbaren Ambiente gefunden.“ Beate Ruhe guckt hinüber zur Klostermauer. Dort sind ihre beiden Katzen begraben. „Wer an seinen Tieren hängt, darf sie mitbringen, neue anschaffen dürfen wir nicht, was ja auch verständlich ist.“


Die "Kloster-Managerin"

Renate von Randow fragt sich, ob es womöglich ein Wink des Himmels war, dass sie in der Nähe von Neuwied in einem Franziskanerkloster zur Welt kam – auch wenn da während des Krieges eine evangelische diakonische Einrichtung gewesen sei. Sie lacht. „Meinen Glauben aber hat mir mein Vater in die Wiege gelegt, er war Wirtschaftsleiter einer Einrichtung der Inneren Mission.“

 

Bevor Renate von Randow 1997 nach Wienhausen kam, war sie Managerin eines Münchner Hotels. Sie ist geschieden und hat zwei Töchter. „Als eine meiner Töchter zu sticken begann, dachte ich, ich hätte sie falsch erzogen.“ Heute ist Renate von Randow die 47. Äbtissin des Klosters Wienhausen und sie stickt, weil es sie „total entspannt“.

 

Entspannung braucht sie. Sie steht dem Konvent mit den zehn Konventualinnen vor, ist Chefin von 7 Angestellten und 30 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen, verwaltet 280 Hektar Land- und Forstwirtschaft, den Klosterpark, das Klosterarchiv, die Kunstschätze und organisiert jährlich etwa 70 Veranstaltungen für das Kloster. All das ist enorm viel Arbeit. Und deshalb ist es für sie wichtig, dass der Konvent funktioniert.

„Wir sind eine fröhliche, lebendige, christliche Gemeinschaft, in der Frauen die Möglichkeit haben, noch einmal richtig durchzustarten. Und das tun sie und sie machen das – jede in ihrem Arbeitsbereich – toll!“

 

Mit 30 000 Besuchern herrscht im Sommer Hochbetrieb im Kloster. Von November bis April ist es für Besucher geschlossen – Zeit für die Konventualinnen die Pläne für Seminare, Symposien, Konzerte, Ausstellungen, Stickkurse und Lesungen zu machen. Zeit zu verreisen oder sich ins Auto zu setzen, um mal nach Hamburg zu fahren – wer über Nacht wegbleibt, muss sich abmelden. Zeit für Helene Behrens abends Krimis zu lesen.


Das damalige Leben im Kloster Wienhausen - kein Vergleich zu heute

Wer mit ihr über die ausgetretenen Eichenbohlen im Dormitorium geht, ahnt, wie hart das Klosterleben gewesen sein muss. Lang ist der Schlafsaal, düster und breit. An den Wänden stehen schwere mittelalterliche Holztruhen, in denen die Klosterfrauen ihr Hab und Gut aufbewahrten. Geschlafen wurde auf Strohsäcken in der Klostertracht. „Vor der Reformation, als das Kloster noch katholisch war, wurde hier Tag und Nacht siebenmal zum Gebet gerufen. Zeit sich umzuziehen hatten die Nonnen nicht“, sagt Helene Behrens und fröstelt bei dem Gedanken. „Nein, mich hätten damals keine zehn Pferde hierhergekriegt.“

 

Helene Behrens, 69, einst leidenschaftliche Turnierreiterin, ist Ostfriesin. Sie zog drei Kinder auf und wurde nach 29 Jahren Ehe geschieden. „Tja, was hat mich hierher getrieben ... Erstens mein Glaube, geprägt hat mich meine Ausbildung auf der Landfrauenschule im Kloster Wöltingerode. Zweitens, dass ich hier Aufgaben habe, die ich sehr ernst nehme, und dass ich Verantwortung trage. Drittens, dass ich im Alter nicht auf meine Kinder angewiesen bin, aber, dass ich hier nicht auf sie verzichten muss. Wenn es meine Zeit zulässt, können sie und meine Enkelkinder mich besuchen. Platz ist genug. Wir haben alle eine Drei-Zimmer-Wohnung.“

 

Die Wohnungen sind mietfrei. Von ihren Renten zahlen die Klosterfrauen Gas, Strom und ihre Lebensmittel. Arbeitslohn bekommen sie nicht.
Helene Behrens ist die Hausdame des Klosters. Sie ist für den Klosterpark und teilweise für das Eventmanagement zuständig. Als sie ihren Freunden erzählte, dass sie ins Kloster gehen würde, fielen die aus allen Wolken: du ins Kloster – das geht doch gar nicht! Als sie aber nach einem Jahr zur „Einführung“ – die Aufnahme in den Konvent – ihrer Freundin geladen wurden und das Klosterleben kennenlernten, fingen sie an zu verstehen. Für Helene Behrens war die Einführung, verbunden mit einem Gottesdienst und ihrer Einsegnung, einer der ergreifendsten Momente in ihrem Leben. Es war der Tag, an dem sie zum ersten Mal die Klostertracht trug – schwarzer Rock, weißes Jabot, schwarzer Chormantel und die schwarze Haube.

Ein Leben unter der "Haube" im Kloster Wienhausen

 

„Wenn man so will, bin ich zum ersten Mal in meinem Leben unter die Haube gekommen“, sagt Brigitte Brockmann und lacht vergnügt. „Im Mittelalter trugen ja nur verheiratete Frauen eine Haube, das hieß, sie waren versorgt. Ich bin ledig geblieben und war immer Selbstversorgerin.“ Buchhändlerin in Überlingen am Bodensee war sie und in ihren letzten neun Berufsjahren in einem katholischen Internat tätig, wo sie die Bibliothek aufbaute. „Ich konnte mir dort das ganze Wissen aneignen, das ich für die Führungen brauche. Wer das nicht hat, der fängt hier bei Adam und Eva an.“

 
Sinn und Heimat im Kloster Wienhausen gefunden

Brigitte Brockmann ist 75. Seit ihr vor zwölf Jahren die Schwester der Altäbtissin von Kloster Wienhausen den Weg vom Bodensee hierher gewiesen hat, kann sie sich, wie am ersten Tag für die Kunstschätze des Klosters begeistern. Sie ist Priorin geworden und vertritt die Äbtissin, wenn die nicht anwesend ist. Sie ist für die Bibliothek zuständig, hält Vorträge und schult Frauen, die zusätzlich für Führungen gebraucht werden. „Bei unserem Besucheransturm ist Hilfe von außen nötig.“

 

Sinn und Heimat hat Brigitte Brockmann im Kloster gefunden. „Und das solange es geht. Wenn ich einmal richtig alt bin und unfähig, mich selbst zu versorgen, komme ich ins Pflegekloster nach Marienwerder und das hat etwas sehr Beruhigendes.“ Glaubensstark ist Brigitte Brockmann im Osten geworden. „Ich bin gebürtige Potsdamerin und der Glaube war für mich die einzige Alternative zum Kommunismus. Und der Glaube unter uns Klosterfrauen ist unsere gemeinsame Basis. Wie sind ja alle geformte Menschen und völlig unterschiedlich. Wenn wir diese Basis nicht hätten, wäre es schwierig.“ Am stärksten empfinden die Klosterfrauen das Gemeinschaftsgefühl, wenn sie zum Gottesdienst und den Abendandachten die Klostertracht tragen. Brigitte Brockmann schafft es dann, eine nächste Ebene zu erreichen – „was mir allerdings nicht immer gelingt“.

 

Flower Power. Studentenbewegung. Pädagogik-Studium in Hamburg. Hochseesegeln. Uni-Assistenz. Weite Reisen. Ehe. Vier Kinder. Umzug von Hamburg nach Celle. Scheidung. Das ist das Leben von Borghild Lindner, 66, im Zeitraffer. Es ging weiter: „Von Celle aus bin ich oft hier gewesen. Ich habe stundenlang in dem prachtvoll ausgemalten Nonnenchor gestanden und gedacht, wenn ich mal allein bin, möchte ich hier leben. Borghild Lindner ist Küsterin und macht die Öffentlichkeitsarbeit für das Kloster. Sie singt in der Kantorei in Celle, besitzt CDs von Bach bis Jazz und bekommt demnächst von ihrem Sohn einen Computer, auf dem sie mit ihren Kindern in aller Welt skypen kann. „Ich bin hier, weil mir noch klarer geworden ist, was die Welt im Innersten zusammenhält. Und weil ich hier auf hochinteressanten Leute stoße – Wissenschaftler, Kunstexperten, Musiker, Doktoranden, die hier auch im Winter arbeiten.“

Doch es gibt noch einen weiteren Grund, warum sie sich im Kloster aufgehoben fühlt:

„Wir sind hier nicht eingeschlossen. Wir haben die Freiheit hier nicht sein zu müssen. Und wenn ich meinen Glauben verlieren würde, würde ich gehen.“

Das Kloster Wienhausen, einst Hauskloster der Welfen, ist weltberühmt. Seine Schönheit und Kunstschätze ziehen Tausende Besucher an.


Für die Klosterfrauen, die hier leben, lautet der Auftrag:

Das Erbe bewahren, die christliche Botschaft vermitteln und die Schätze des Klosters der Öffentlichkeit zugänglich machen.

Sie haben viel zu tun. Und tun es mit Freude. Beate Ruhe, Helene Behrens, Brigitte Brockmann und Borghild Lindner haben etwas gemeinsam. Sie sind alleinstehend und gläubig. Sie beziehen eine Rente und haben neue Herausforderungen gesucht. Diese Voraussetzungen haben ihnen ein Leben zwischen uralten Mauern ermöglicht. Sie sind vier von insgesamt zehn Konventualinnen im Kloster Wienhausen. Was hat sie hierher getrieben?

 
Ein Leben in Stille und Zurückgezogenheit, in einem wunderbaren Ambiente

Beate Ruhe steht im Klostergarten und guckt etwas missmutig in die regenschweren Wolken. Sie ist jetzt 80. Vor zehn Jahren hatte sie sich vom Kloster für ein paar Urlaubstage abgemeldet. Sie flog nach Afrika, ist dort eine Woche auf einem Kamel durch die Ost-Sahara geritten und Gott dabei noch ein Stück näher gerückt. „Dieser Sternenhimmel da und der Schaukelgang der Kamele ... Das war unglaublich, das war Meditation pur.“ Sie bückt sich, hebt einen Ast auf, der zwischen den Rosensträuchern liegt, kappt ein paar Zweige am Buchsbaum.

 

Bis zu ihrem 63. Lebensjahr war Beate Ruhe in einem Anwaltsbüro in Bremen tätig. Damals schon zog sie sich in ihren Urlauben oft zum Meditieren oder Fasten in Klöster zurück. „Ich hatte immer das Gefühl, dass das etwas für mich sein könnte. Andererseits dachte ich: Kloster – das ist streng und katholisch.“ Dann erfuhr sie von den Heideklöstern, in denen es evangelische Konvente gab und bewarb sich sofort um einen Platz in Wienhausen.

„Ich kam, sah und wusste: Das ist es!“

Sie kündigte ihren Job, sagte ihren vier erwachsenen Kindern ade, packte ihre Sachen und ihre beiden Katzen in den Korb und reiste an.

 

Nach einem Jahr Wissenserweiterung in Geschichte, Kunstgeschichte und Religion, wurde Beate Ruhe in den Konvent aufgenommen. Wie ihre Mitschwestern macht sie Führungen durch das Kloster und ist darüber hinaus für die Pflege des Klostergartens zuständig. „Ich habe Stille, Zurückgezogenheit und Aufgaben gesucht und in diesem wunderbaren Ambiente gefunden.“ Beate Ruhe guckt hinüber zur Klostermauer. Dort sind ihre beiden Katzen begraben. „Wer an seinen Tieren hängt, darf sie mitbringen, neue anschaffen dürfen wir nicht, was ja auch verständlich ist.“


Die "Kloster-Managerin"

Renate von Randow fragt sich, ob es womöglich ein Wink des Himmels war, dass sie in der Nähe von Neuwied in einem Franziskanerkloster zur Welt kam – auch wenn da während des Krieges eine evangelische diakonische Einrichtung gewesen sei. Sie lacht. „Meinen Glauben aber hat mir mein Vater in die Wiege gelegt, er war Wirtschaftsleiter einer Einrichtung der Inneren Mission.“

 

Bevor Renate von Randow 1997 nach Wienhausen kam, war sie Managerin eines Münchner Hotels. Sie ist geschieden und hat zwei Töchter. „Als eine meiner Töchter zu sticken begann, dachte ich, ich hätte sie falsch erzogen.“ Heute ist Renate von Randow die 47. Äbtissin des Klosters Wienhausen und sie stickt, weil es sie „total entspannt“.

 

Entspannung braucht sie. Sie steht dem Konvent mit den zehn Konventualinnen vor, ist Chefin von 7 Angestellten und 30 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen, verwaltet 280 Hektar Land- und Forstwirtschaft, den Klosterpark, das Klosterarchiv, die Kunstschätze und organisiert jährlich etwa 70 Veranstaltungen für das Kloster. All das ist enorm viel Arbeit. Und deshalb ist es für sie wichtig, dass der Konvent funktioniert.

„Wir sind eine fröhliche, lebendige, christliche Gemeinschaft, in der Frauen die Möglichkeit haben, noch einmal richtig durchzustarten. Und das tun sie und sie machen das – jede in ihrem Arbeitsbereich – toll!“

 

Mit 30 000 Besuchern herrscht im Sommer Hochbetrieb im Kloster. Von November bis April ist es für Besucher geschlossen – Zeit für die Konventualinnen die Pläne für Seminare, Symposien, Konzerte, Ausstellungen, Stickkurse und Lesungen zu machen. Zeit zu verreisen oder sich ins Auto zu setzen, um mal nach Hamburg zu fahren – wer über Nacht wegbleibt, muss sich abmelden. Zeit für Helene Behrens abends Krimis zu lesen.


Das damalige Leben im Kloster Wienhausen - kein Vergleich zu heute

Wer mit ihr über die ausgetretenen Eichenbohlen im Dormitorium geht, ahnt, wie hart das Klosterleben gewesen sein muss. Lang ist der Schlafsaal, düster und breit. An den Wänden stehen schwere mittelalterliche Holztruhen, in denen die Klosterfrauen ihr Hab und Gut aufbewahrten. Geschlafen wurde auf Strohsäcken in der Klostertracht. „Vor der Reformation, als das Kloster noch katholisch war, wurde hier Tag und Nacht siebenmal zum Gebet gerufen. Zeit sich umzuziehen hatten die Nonnen nicht“, sagt Helene Behrens und fröstelt bei dem Gedanken. „Nein, mich hätten damals keine zehn Pferde hierhergekriegt.“

 

Helene Behrens, 69, einst leidenschaftliche Turnierreiterin, ist Ostfriesin. Sie zog drei Kinder auf und wurde nach 29 Jahren Ehe geschieden. „Tja, was hat mich hierher getrieben ... Erstens mein Glaube, geprägt hat mich meine Ausbildung auf der Landfrauenschule im Kloster Wöltingerode. Zweitens, dass ich hier Aufgaben habe, die ich sehr ernst nehme, und dass ich Verantwortung trage. Drittens, dass ich im Alter nicht auf meine Kinder angewiesen bin, aber, dass ich hier nicht auf sie verzichten muss. Wenn es meine Zeit zulässt, können sie und meine Enkelkinder mich besuchen. Platz ist genug. Wir haben alle eine Drei-Zimmer-Wohnung.“

 

Die Wohnungen sind mietfrei. Von ihren Renten zahlen die Klosterfrauen Gas, Strom und ihre Lebensmittel. Arbeitslohn bekommen sie nicht.
Helene Behrens ist die Hausdame des Klosters. Sie ist für den Klosterpark und teilweise für das Eventmanagement zuständig. Als sie ihren Freunden erzählte, dass sie ins Kloster gehen würde, fielen die aus allen Wolken: du ins Kloster – das geht doch gar nicht! Als sie aber nach einem Jahr zur „Einführung“ – die Aufnahme in den Konvent – ihrer Freundin geladen wurden und das Klosterleben kennenlernten, fingen sie an zu verstehen. Für Helene Behrens war die Einführung, verbunden mit einem Gottesdienst und ihrer Einsegnung, einer der ergreifendsten Momente in ihrem Leben. Es war der Tag, an dem sie zum ersten Mal die Klostertracht trug – schwarzer Rock, weißes Jabot, schwarzer Chormantel und die schwarze Haube.

Ein Leben unter der "Haube" im Kloster Wienhausen

 

„Wenn man so will, bin ich zum ersten Mal in meinem Leben unter die Haube gekommen“, sagt Brigitte Brockmann und lacht vergnügt. „Im Mittelalter trugen ja nur verheiratete Frauen eine Haube, das hieß, sie waren versorgt. Ich bin ledig geblieben und war immer Selbstversorgerin.“ Buchhändlerin in Überlingen am Bodensee war sie und in ihren letzten neun Berufsjahren in einem katholischen Internat tätig, wo sie die Bibliothek aufbaute. „Ich konnte mir dort das ganze Wissen aneignen, das ich für die Führungen brauche. Wer das nicht hat, der fängt hier bei Adam und Eva an.“

 
Sinn und Heimat im Kloster Wienhausen gefunden

Brigitte Brockmann ist 75. Seit ihr vor zwölf Jahren die Schwester der Altäbtissin von Kloster Wienhausen den Weg vom Bodensee hierher gewiesen hat, kann sie sich, wie am ersten Tag für die Kunstschätze des Klosters begeistern. Sie ist Priorin geworden und vertritt die Äbtissin, wenn die nicht anwesend ist. Sie ist für die Bibliothek zuständig, hält Vorträge und schult Frauen, die zusätzlich für Führungen gebraucht werden. „Bei unserem Besucheransturm ist Hilfe von außen nötig.“

 

Sinn und Heimat hat Brigitte Brockmann im Kloster gefunden. „Und das solange es geht. Wenn ich einmal richtig alt bin und unfähig, mich selbst zu versorgen, komme ich ins Pflegekloster nach Marienwerder und das hat etwas sehr Beruhigendes.“ Glaubensstark ist Brigitte Brockmann im Osten geworden. „Ich bin gebürtige Potsdamerin und der Glaube war für mich die einzige Alternative zum Kommunismus. Und der Glaube unter uns Klosterfrauen ist unsere gemeinsame Basis. Wie sind ja alle geformte Menschen und völlig unterschiedlich. Wenn wir diese Basis nicht hätten, wäre es schwierig.“ Am stärksten empfinden die Klosterfrauen das Gemeinschaftsgefühl, wenn sie zum Gottesdienst und den Abendandachten die Klostertracht tragen. Brigitte Brockmann schafft es dann, eine nächste Ebene zu erreichen – „was mir allerdings nicht immer gelingt“.

 

Flower Power. Studentenbewegung. Pädagogik-Studium in Hamburg. Hochseesegeln. Uni-Assistenz. Weite Reisen. Ehe. Vier Kinder. Umzug von Hamburg nach Celle. Scheidung. Das ist das Leben von Borghild Lindner, 66, im Zeitraffer. Es ging weiter: „Von Celle aus bin ich oft hier gewesen. Ich habe stundenlang in dem prachtvoll ausgemalten Nonnenchor gestanden und gedacht, wenn ich mal allein bin, möchte ich hier leben. Borghild Lindner ist Küsterin und macht die Öffentlichkeitsarbeit für das Kloster. Sie singt in der Kantorei in Celle, besitzt CDs von Bach bis Jazz und bekommt demnächst von ihrem Sohn einen Computer, auf dem sie mit ihren Kindern in aller Welt skypen kann. „Ich bin hier, weil mir noch klarer geworden ist, was die Welt im Innersten zusammenhält. Und weil ich hier auf hochinteressanten Leute stoße – Wissenschaftler, Kunstexperten, Musiker, Doktoranden, die hier auch im Winter arbeiten.“

Doch es gibt noch einen weiteren Grund, warum sie sich im Kloster aufgehoben fühlt:

„Wir sind hier nicht eingeschlossen. Wir haben die Freiheit hier nicht sein zu müssen. Und wenn ich meinen Glauben verlieren würde, würde ich gehen.“