Erlebnisbericht: Gästeführung "Entdecken Sie die traumhafte Osterheide"
Idylle inmitten eines renaturierten Truppenübungsplatzes
Zwischen Juni und Oktober 2012 fand jeden Montag um 10 Uhr eine Gästeführung in die Osterheide bei Schneverdingen statt. Zum letzten Termin dieses Jahres fand ich mich an dem zuvor telefonisch in Erfahrung gebrachten Treffpunkt ein. Ich war zunächst allein und gespannt, ob trotz der recht niedrigen Temperaturen und des bewölkten Himmels noch andere Teilnehmer auftauchen würden. Tatsächlich waren wir dann zu dritt – inklusive unserer Gästeführerin Frau Schreiner. Sie sammelte zunächst den Teilnehmerbetrag von 3,- € pro Person ein. Anschließend begannen wir unsere Tour.
Der Weg führte uns zunächst durch ein Waldstück, das, wie wir erfuhren, unter anderem als Schutzmaßnahme vor Sandstürmen angelegt wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Naturschutzgebiet von den englisch-kanadischen Truppen als Militärübungsplatz genutzt worden. Die Vegetation hatte dieser großen Belastung – vor allem durch die schweren Panzer – nicht standhalten können. Es waren karge Böden zurückgeblieben, deren Sand bei Wind oder Sturm natürlich verweht und weitergetragen wurde. Die Landschaft glich in dieser Zeit regelrecht einer Wüste. Wie Frau Schreiner erzählte, wurde der Status des Terrains als Naturschutzgebiet glücklicherweise aufrecht erhalten und man begann nach dem Abzug der Truppen, die Heidelandschaft neu zu kultivieren, sie wieder aufzupäppeln und aktiv zu pflegen. Die verschiedenen Maßnahmen zur Heidepflege erläuterte Frau Schreiner uns zwischendurch während des weiteren Verlaufs der Tour, die uns nun aus dem Wald heraus und durch offenere Heideflächen führte. Dabei ging sie auf Maßnahmen wie das Entkusseln, Mähen, Plaggen, Schoppern, sowie das Abbrennen und die Beweidung mit Heidschnucken ein. An verschiedenen Stellen in der Heide konnten wir dann auch gemähte Schneisen und Unterschiede zwischen jungen Pflanzen und älteren, höhergewachsenen Heideflächen entdecken. Dies kommt außerdem dem Birkwild zugute, das die freien Flächen vor allem zur Balz aufsucht, jedoch ebenso höheres Gebüsch zur Deckung braucht. Frau Schreiner wies uns immer wieder auch auf andere Gewächse am Wegesrand hin. So stießen wir unter anderem auf Thymian (Gewürz), Johanneskraut (Heilpflanze), Krähenbeere (ähnelt der Heidepflanze, bevorzugt schattige Plätze) und Mausohr-Habichtskraut (mit kleinen, runden, behaarten Blättern, die an Mäuseohren erinnern).
Unser Weg durch die hügelige Landschaft der Osterheide führte uns außerdem vorbei an zwei Bienenzäunen, die zu dieser Zeit – nach der Honigernte – jedoch bereits unbewohnt waren, im Sommer aber als eine Art „Unterstand“ für Bienenkörbe dienen.
Auch ein Schafstall lag an unserem Weg. Wie wir erfuhren, handelte es sich dabei um einen Sommerschafstall. Dies war daran zu erkennen, dass er keine Tür im Dachgeschoss, also keinen eingezogenen Dachboden für zusätzliches Futter hatte und dass die Bretter, aus denen er gezimmert war, nicht überlappten. Ställe, die im Winter genutzt werden, brauchen einen Dachboden, da die Heidschnucken draußen teilweise nicht genug Nahrung finden, und sie sind so gebaut, dass Wind und Kälte nicht durch Lücken zwischen den Brettern eindringen können.
Ein Stück weiter fanden wir uns am Ufer eines kleinen Sees wieder. Der Sylvestersee entstand aus der Idee eines gewissen Major Sylvester, der darin eine Möglichkeit sah, die Panzer der Armee, die aufgrund der Touren durch die sandige Umgebung natürlich dreckig wurden, zu waschen. So staute man das Wasser und der See entstand. Die Panzer konnten nun hindurchfahren und waren automatisch wieder sauber. Da sich der See im Naturschutzgebiet befindet, ist das Baden hier natürlich untersagt. Trotzdem bietet er einen hübschen Anblick und schafft ein tolles Highlight in der Heidelandschaft.
Während der weiteren Tour erzählte Frau Schreiner uns noch von den Anfängen des Naturschutzes in der Lüneburger Heide, die auf einen gewissen Pastor Bode und Herrn Alfred Toepfer zurückgehen. Den Kern des Naturschutzgebietes bildete der Totengrund bei Wilsede. Nach ihm wurden auch andere Gebiete gekauft und unter Schutz gestellt. Außerdem erfuhren wir von der NNA, der Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz in Schneverdingen, die sich mit Bildung, Forschung und Öffentlichkeitsarbeit im Naturschutz beschäftigt, sowie das Freiwillige Ökologische Jahr in Niedersachsen organisiert.
Nachdem wir – bereits auf dem Rückweg – ein ganzes Stück parallel zu einer alten, nicht stark befahrenen Landstraße gewandert waren, die die Idylle um uns herum jedoch kaum störte, erreichten wir eine Sandgrube, in der gelber Sand gefördert wird.
Kurz darauf befanden wir uns wieder inmitten einer hübschen Heidefläche, die, wie Frau Schreiner versicherte, während der Heideblüte ein besonders schönes Bild abgebe. Ein wahrer Geheimtipp, denn hier blühe die Heide auch dann noch, wenn andere Flächen bereits verblüht seien.
Im Anschluss durchquerten wir erneut ein kleines Waldstück und erreichten nach wenigen Minuten unseren Ausgangspunkt.
Insgesamt hat mir die Wanderung gut gefallen. Obwohl das Wetter nicht optimal und die von vielen Heidefans so geliebte Heideblüte bereits einige Wochen vorüber war, konnte die Landschaft mich auch in ihrem Herbstkleid überzeugen. Auch der Herbst in der Lüneburger Heide hat seinen ganz eigenen Charme! Von der Landschaft abgesehen, habe ich dank Frau Schreiner außerdem so einiges über die Lüneburger Heide erfahren können, was mir neu war. Sie kennt sich wirklich gut aus und war jederzeit für Fragen offen. Das Wandertempo war gemütlich und die Wanderung hat gut zwei Stunden gedauert. Gewöhnlich dauert sie etwas länger (2,5 Stunden), da die Gästeführerin bei einer größeren Gruppe häufiger Pausen für Erläuterungen einlegt. Da wir nur zu dritt waren, konnte sie vieles gut im Gehen erklären.
Anja G.
Zusatz-Informationen:
Parkplatz: Wenn man an der Kreuzung ein kleines Stück (etwa 70 m) in die Freudenthalstraße Richtung Wald fährt, erreicht man einen kostenlosen Parkplatz.
Treffpunkt: Kreuzung Osterwaldweg / Freudenthalstraße, Schneverdingen
(Hinweis: Der Treffpunkt muss telefonisch erfragt werden, da er sich abwechselnd hier (s. o.) oder am Parkplatz Osterheide / Heberer Straße befindet.)