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HEIDE fragt: [Interview] Heidekutscherin Britta Alpers über "Vier Hufe für eine Heidelujah", Dreharbeiten und Kutschtouren in der Lüneburger Heide

„Vertrauen und Respekt“

Britta mit Fred und Motte
Kutschfahrt durch die Lüneburger Heide
Kutscherin Britta Alpers und Heideschäfer "Will"
Die Webserie „Vier Hufe für ein Heidelujah“ zeigt den Alltag im Heidekutschbetrieb von Britta Alpers in Döhle. Wir haben mit ihr über die Dreharbeiten, die Beziehung von Mensch und Tier sowie die Faszination von Kutschtouren gesprochen.

Frau Alpers, Sie sind gelernte Erzieherin, haben aber vor Jahren Ihren Job an den Nagel gehängt, um im Familienkutschbetrieb zu arbeiten. Wie kam es dazu?

 

Das war eine schwierige Entscheidung. 25 Jahre lang habe ich beides gemacht, bin an den Wochenenden und im Urlaub Kutsche gefahren und war gleichzeitig Vollzeit im Kindergarten tätig. Eine Doppelbelastung, die auf Dauer nicht durchzuhalten ist. Eigentlich wollte ich mit meinem 50. Geburtstag die Tiere abgeben und mich weiterhin auf die Arbeit als Erzieherin konzentrieren, doch ich konnte mich nicht von den Pferden trennen.

 

In der Serie „Vier Hufe für ein Heidelujah“ dürfen wir den Alltag Ihres Kutschpferds Fred aus seiner Sicht erleben. Können Sie uns erzählen, wie ein typischer Tag bei Ihnen aussieht?

 

Morgens um 7:00 Uhr füttere ich die Pferde. Während sie fressen, sind Stallarbeiten dran. Anschließend werden die Kutschen kontrolliert, die Pferde geputzt und angespannt und die Gäste abgeholt. Nach der Vormittagstour gibt es eine Mittagspause für die Tiere und mich. Je nach Auftragslage haben wir noch eine Nachmittagsfahrt, zwei Touren pro Tag sind allerdings das Maximum. Danach werden die Pferde versorgt, gegen halb acht abends ist Stallruhe. Dann widme ich mich der Büroarbeit. Im Gegensatz zu mir haben meine Pferde jeden dritten Tag frei. (lacht)

 

Fred scheint ein besonders begabtes Tier zu sein. Wie waren die Dreharbeiten mit ihm?

 

Sehr spannend. Da ich meine Tiere ganz genau kenne, konnte ich viele Ideen einbringen und umsetzen. Zum Beispiel die Szene, in der ich Hund Motte und Fred aus einem Buch vorlese. In meiner Jackentasche hatte ich eine Knistertüte. Während ich las, raschelte ich damit heimlich und wusste genau, dass Fred neugierig näher kommen würde, um die Tasche nach Leckerlis zu untersuchen. Im Film sieht es dann so aus, als würde auch er im Buch lesen.

 

Fred ist ein Friese und gehört den ältesten Pferderassen Europas. Sie gelten als besonders gutmütig, aber auch als temperamentvoll. Wie viel Training ist notwendig, damit er auf Ihre Anweisungen hört?

 

Wir sind ein eingespieltes Team. Ich habe ihn gekauft, als er vier Jahre alt war, mittlerweile ist er 17. Wir machen regelmäßig Bodenarbeit und Gelassenheitstraining, denn die tägliche Arbeit fordert in jeder Situation Gehorsam, Respekt und gegenseitiges Vertrauen. Rückwärts Richten beim Anspannen, gehorsames Vorwärtsgehen während der Fahrten, es dauert Jahre und kostet viel Trainingszeit, bis ein Pferd sicher, souverän und zuverlässig funktioniert.

 

Kann man von einer Arbeitsbeziehung sprechen?

 

Meine Tiere sind für mich Familienmitglieder, wir gehen gemeinsam durch dick und dünn. Und doch arbeiten wir täglich an unseren Beziehungen. Fred wird zurzeit als Therapiepferd ausgebildet. Er bekommt viel Aufmerksamkeit, Abwechslung und Kopfarbeit. Das gefällt ihm und festigt unsere innige Beziehung.

 

Wie machen Sie Ihren Pferden klar, dass Sie der Boss sind?

 

Fred zum Beispiel ist immer Chef in seiner kleinen Herde gewesen. Manchmal meint er tatsächlich, unsere Rangordnung infrage stellen zu müssen. Doch es ist wie in der Kindererziehung: Man muss ruhig, aber konsequent antworten. So etwas dauert nie länger als zwei Tage. Ich muss also nur den längeren Atem haben. Und den habe ich.

 

In der Saison fahren Sie Hunderte Gäste durch die Heidelandschaft. Warum buchen Ihre Gäste Kutschtouren?

 

Eine Kutschtour ist ein besonderes Naturerlebnis, das Sie nicht mit einer Bus- oder Bahnfahrt vergleichen können. Wenn die Pferde im ruhigen Arbeitsschritt vor dem Wagen gehen und entspannt vor sich hin schnauben, genießen die Gäste eine fühlbare Entschleunigung. Für viele Menschen ist das bewusste Erleben von Natur in Vergessenheit geraten. Der süßliche Duft blühender Heide, der Gesang der Heidelärche, das Plätschern eines Baches oder das Beobachten einer Heidschnuckenherde, alle Sinne werden angeregt. Besonders, wenn man mit Blinden und Menschen mit Handicaps unterwegs ist, merkt man, dass Kutschtouren viel mehr sind als das bloße Sehen.

 

Und doch scheinen sie eher ältere als jüngere Gäste anzusprechen? Gibt es ein Imageproblem?

 

Ältere Menschen können häufig nicht mehr weit laufen, daher ist ihr Radius in den autofreien Schutzgebieten limitiert. Allerdings habe ich ein bunt gemischtes Publikum: Kegelclubs und andere Vereine, Familienausflüge mit Picknick, Firmenausflüge, Junggesellenabschiede, Kindergeburtstage, auch romantische Fahrten für Pärchen.

 

Aber der Branche geht es nicht gut. Wie gehen Kutschbetriebe in der Lüneburger Heide damit um?

 

Unterschiedlich. Eine gute Werbung ist sehr wichtig. Auch Themenfahrten finden Anklang. Allerdings muss man kreativ sein und seine Ideen auch umsetzen können. Ich bin durch meine pädagogische Ausbildung in der glücklichen Lage, kreative Naturerlebnisfahrten anbieten zu können. Es ist aber auch spannend, wenn ältere Heide-Kutscher von vergangenen Zeiten erzählen. Ihre Anekdoten sind urtypisch und sehr unterhaltsam.

 

Sie haben sich bewusst für ein Leben in der Lüneburger Heide entschieden? Was fasziniert sie an der Region?

 

Es ist meine Heimat, hier bin ich verwurzelt. Unser Dorf ist eine urige Gemeinschaft, die zusammen hält und Traditionen pflegt. Vor sieben Jahren habe ich den Chor der „Singenden Heidekutscher“ gegründet. Alle Kutscher sind dabei und bei unseren Singabenden singen wir mit unseren Gästen alte Volkslieder und Heideweisen. Es ist wie ein Sprung in eine längst vergangene Zeit.

 

Sie sind täglich in der Heide unterwegs. Können Sie die Natur noch genießen?

 

Jeden einzelnen Tag! Dafür bin ich wirklich dankbar und fahre mit offenem Herzen durch meine Heimat. Ein Leben in der Stadt ist für mich unvorstellbar.

 

Gibt es einen Lieblingsplatz?

 

Ja, der Schafstall an der Sudermühlener Heide. Von dort hat man einen sehr weiten Blick über das Naturschutzgebiet. Am Horizont sieht man sogar die Silhouette des Wilseder Bergs. Trifft man dann noch eine Heidschnuckenherde mit Schäfer, ist das Bild perfekt.