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Stiftung Naturschutzpark Lüneburger Heide

Bispingen
Stiftung Naturschutzpark Lüneburger Heide

Reetdächer im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide...

Die zum Verein Naturschutzpark e.V. (VNP) gehörende Stiftung Naturschutzpark Lüneburger Heide besitzt insgesamt 91 Gebäude, die mit Reet gedeckt sind. Reetdächer gehören zum Bild der historischen Kulturlandschaft der Lüneburger Heide untrennbar dazu. Früher bauten die Menschen ihr Haus mit dem, was die Natur in der jeweiligen Landschaft in ausreichendem Maße hergab – in der Heide war das bei den Dächern der Gebäude in der Regel Stroh. Da die Halme der heutigen Getreidesorten nicht mehr lang und haltbar genug sind, verwendet man schon seit vielen Jahren Reet (Schilfrohr), welches zum überwiegenden Teil importiert wird. In Deutschland selbst findet man heutzutage kaum noch Reet, das für die Dacheindeckung verwendet werden kann.

Reet ist ein Schilfrohrgewächs, das an den Ufern von Seen und Feuchtgebieten wächst. Es wächst im Wasser und enthält eine Menge Silicium. Dadurch ist es wetterhart. Es wächst in einjährigem Rhythmus heran und kann nur im Winter geerntet werden, wenn der See oder das Feuchtgebiet vereist ist. Obwohl es mittlerweile moderne Spezialmaschinen gibt, erfolgt die Ernte aufgrund des oftmals unwegsamen Geländes oft noch mit der Sichel per Hand. Nach dem Mähen müssen die Reetbunde von Stengeln und Verunreinigungen befreit werden. Eine spezielle Maschine "kämmt" quasi die Reetbunde aus. Zum Abtrocknen wird das Reet danach einige Monate stehend gelagert und je nach Verwendungszweck auf die richtige Länge zugeschnitten.

Nicht jeder Dachdecker kann übrigens ein Reetdach eindecken: erst nach der Lehre dürfen sie sich Reetdachdecker nennen! Das Reet wird in Bunden auf das einzudeckende Dach gebracht. Dort wird es gebunden, genäht oder geschraubt. Beim gebundenen Dach beginnt der Reetdachdecker von der Traufe aus Lage für Lage der Reetbündel an der Holzlattung zu befestigen. Die Bunde werden auf die Lattung gelegt. Darauf kommt ein 5 mm starker Rundstahl parallel zur Lattung. Mit Bindedraht wird der Rundstahl alle 20 cm locker an der Lattung gebunden. Nun werden die Bunde aufgeschnitten und mit dem Klopfbrett in Form gebracht. Erst dann wird der Bindedraht fest angezogen. An Stelle des Bindedrahtes kann auch eine Schraube verwendet werden, um die mittig ein Draht gewickelt ist. Bei der genähten Deckung benötigt man eine gebogene und eine gerade Nadel. Mit der gebogenen Nadel wird der Draht durch das Reet durchgesteckt und mit der geraden Nadel auf der Innenseite des Daches aufgenommen. Ein neu eingedecktes Reetdach hat eine Stärke von ca. 30 cm. Wichtig ist auch eine ausreichende Hinterlüftung des Daches.

Mit den Jahren nimmt die Dicke der Reetschicht ab: durch Witterungseinflüsse verrotten die Spitzen des Reets. Beschleunigt wird dieser Vorgang natürlich, wenn ein Reetdach von zu dicht am Haus stehenden Bäumen dauerhaft beschattet wird und Wind und Sonne das Dach nicht ausreichend abtrocknen können. Dann setzt noch schneller als normal eine Vermoosung der Dachfläche ein, die noch mehr Feuchtigkeit speichert und den Verrottungsprozess weiter beschleunigt. Wie schnell der Alterungsprozess voranschreitet, ist von verschiedenen Faktoren abhängig: je steiler die Dachneigung eines Gebäudes ist, desto haltbarer ist es. Es kann schneller abtrocknen als flache Dächer. Schädlich ist auch auf dem Reet liegendes Laub, das ähnlich wirkt wie Moos. Natürlich bestimmt auch die Qualität des verwendeten Materials eine wesentliche Rolle. Die Haltbarkeit von neu eingedeckten Reetdächern liegt heute je nach Standort, Materialqualität und Pflege zwischen 40 und 60 Jahren.

Dem Besucher des Naturschutzgebietes Lüneburger Heide wird auffallen, dass noch heute eine Vielzahl von Gebäuden mit einem "Weichdach" aus Reet gedeckt sind. Besonders eindrucksvolle, oft unter Baudenkmalschutz stehende Heidebauernhäuser und Nebengebäude stehen in Wilsede - dem Herzen des Kerngebietes im Naturpark Lüneburger Heide.